„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer – ein Sommer wie er früher einmal war? Ja, mit Sonnenschein von Juni bis September. Und nicht so nass und so sibirisch wie im letzten Jahr…“
Ich habe immer versucht, mich wenigstens gegen ein paar Hässlichkeiten des Alltags durchzusetzen. Crocs besitze ich nicht, ebenso keine neonfarbenen Jeans oder schwarze Möbelstücke. Aber etwas hat es dann doch aus meiner Kindheit bis heute geschafft, in einer Art Hassliebe in meinem Kleiderschrank weiter zu bestehen. Bzw. und um ehrlich zu sein – die meiste Zeit im Keller, weit aus den Augen und meist aus dem Sinn.
Die Rede ist von Gummistiefeln. Früher fanden meine Eltern sie unglaublich praktisch. Man konnte die Hosenbeine oben hineinstopfen und sie wurden weder nass noch dreckig noch holte sich das Kind eine Erkältung beim Matschwetter. Dann wurde ich älter und Pferdenärrin und es folgten die obligatorischen Reitstiefel, aber die sahen immerhin noch ziemlich schick aus. Dann kam lange nichts. Und dann kam der Hund. Und zwar in mein Leben. Und recht bald die Frage an die Eltern, ob sie denn nicht noch ein übriges Paar Gummistiefel im Heizungskeller hätten. Die wären ja so praktisch, wenn man nachts in Pyjama plus irgendwas mit einem Hundewelpen vor die Tür muss, tief im schneematschigen Winter.
Nun ja, natürlich hatten sie. Und so fing es an, dass meine Zugeständnisse an den Pragmatismus im Alltag stiegen. Das hat vermutlich was mit Vernuft und Alter zu tun. Ich behaupte aber, dass das eigentlich gar nicht an mir liegt – zumindest nicht ausschließlich. Bei dem Wetterprogramm, das der Sommer derzeit bietet, gibt es ja nicht viel Auswahl, wenn man keine nassen Füße im Büro haben will: Entweder man trägt Flip Flops – da läuft das Wasser einfach durch – oder aber… richtig… Gummistiefel. Inzwischen gibt’s die ja auch in blau und grün und rosa und mit Punkten und Schmetterlingen und sonst was. Ich besitze allerding das hübsche, zeitlose und stilsichere Modell halbhoch in nato-oliv-grün. Oder vielleicht trifft „algen-pfützen-grün“ oder „matschiger-heuhaufen-grün“ es besser…
Jedenfalls stecke ich derzeit brav jeden Morgen meine Hosenbeine in die Stiefel und dem Regen die Zunge raus, packe Schirm und Mantel und Hund und – ganz wichtig – ordentliche Treter in die Handtasche und mache mich auf den Weg in den Park. Im Büro verwandle ich mich vom Wildhüter dann zum Unimitarbeiter, bis ich nachmittags mit der Hunderunde dran bin und unter zeitweiligem Schmunzeln bis Gelächter einiger Kollegen wieder in meine farblose, aber unglaublich praktische „Outdoor-Tracht“ wechsle. Nur um das Spielchen dann natürlich nochmal zwischen Nachmittagsschicht und Feierabend zu spielen.
Und die Moral von der Geschichte? Manchmal muss man einfach Zugeständnisse machen, Eltern haben einem irgendwie doch was Sinnvolles beigebracht und die Feststellung, dass Regenwetter gar nicht schlimm ist. Es gibt wohl tatsächlich kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung…
Ach ja, den netten Igel im Bild habe ich übrigens neulich getroffen. Er saß da mitten im Englischen Garten auf dem Weg zur Arbeit – auf einem Weg, wo im Juli eigentlich Fahrradfahrer und Eiswagen kreuzen sollten statt Igel und Hase.